Arthur Braun: Ein Magier?

10.: Was vorher geschah

Es war Freitag, der 21. 6. 2109. Ich, Arthur Braun, und meine Freundin Simone Neuhauser, Tochter des Direktors, hatten gerade als beste Schüler der Schule den Abschluß geschafft. Wir ließen uns nach der feierlichen Übergabe der Abschlußzeugnisse, wie früher auch immer, ein wenig Zeit, bevor wir ein letztes Mal in die Garderobe gingen. Wir schlenderten durch die Gänge unserer Schule und sprachen über unseren Riesenerfolg. Irgendwelche Gespräche über die Zukunft blockte sie sofort ab, indem sie sagte, heute sollten wir uns einmal über unsere Ergebnisse freuen. Nach ein paar neckenden Worten lief sie mir voraus, ich rannte hinterher. Es ging die Stiegen hinunter, ein paar Mal abgebogen, in die Garderobe, in unsere Spindreihe, allerdings an unseren Spinden vorbei und die ganze lange Reihe entlang - und das mit lautem Lachen. Wir rannten mit höchster Geschwindigkeit auf die Labortür zu. Simone machte die Tür auf und lief hinein - ich natürlich ihr nach. Dort saß sie, als ich den Raum atemlos betrat, schon hinter einem Gerät, das aussah, als ob auf einen Tisch ein übergroßes Sehrohr montiert wäre, das in eine unförmige Stahlhülle verpackt war und eine Rohr- (oder Kabel-?) Verbindung mit der jetzt links von mir befindlichen Stahlwand besaß. In diese "Sehrohr-Maschine" paßte ihr Kopf gegenüber genauso ganz hinein wie ein anderer auf meiner Seite. Sie forderte mich auf, mich genau dort hinzusetzen und in die Röhre zu sehen. Plötzlich bekam ich ein ungutes Gefühl, doch warum sollte meine Freundin hier etwas gegen mich unternehmen? Also setzte ich mich zum Apparat und sah hinein. Da geschah auch etwas: Ich fühlte, wie Simone mit mir eine magische Verbindung aufbauen - direkter Gedankenaustausch! Doch wozu dieses Gerät herum? Das hatten wir doch schon oft hinter uns, es funktioniert ja auch ohne irgendwelche Geräte. Ich öffnete mich aber trotzdem genauso für ihre Verbindung. Eigenartig. Von ihrer Seite kam nichts bei mir an. Plötzlich allerdings überfiel mich, oder besser gesagt mein Gehirn, ein neuartiges Gefühl: Es fühlte sich an, als ob mein Gehirn ausgesaugt wurde. Auch meine Kräfte wurden schwächer und ich konnte die Verbindung nicht mehr abbrechen. Ich sah nur mehr Simones geliebtes Gesicht vor mir und ging - so schien es - dem Ende zu.
Schließlich erlöschte die Erinnerung - Ich mußte ins bekannte Koma gefallen sein. Simone hatte mich aber sicher nicht ins Krankenhaus gebracht, ich wurde ja erst drei Tage später aufgefunden. Ich mußte mich in Acht nehmen. Meine eigene Freundin hatte mir anscheinend fast alle magische Energie entzogen und meine Erinnerungen blockiert. Warum nur? Warum? "Warum?"

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© Robert Kaiser, 1997