Arthur Braun II: Welten

9.: Magic Wars - Episode I (Die dunkle Bedrohung)

Mein Vater erschien auch damals: "Du hast recht. In Frau Neuhauser hätte ich nie 'meine' Bettina gesehen. Doch du hast sie - und gottseidank auch diene Kräfte - wiedergefunden. Leider kann ich dir von hier aus dem Metraversum nicht helfen, ich könnte zwar bei euch auftauchen, aber du weißt, ich kann meine Kräfte in euerer Welt nicht mehr einsetzen. Und Simone bringt es - zumindest bis jetzt - nicht über's Herz, gegen ihre eigene Mutter zu kämpfen. Also bist du leider ganz auf dich alleine gestellt. Also dann, viel Glück!" Kurz und bündig. Wie man meinen Vater kannte. Ich war plötzlich mitten in diesem Geschehen. Simone hatte realisiert, daß sie von ihrer Mutter geblendet worden war und ihrem eigenen Freund - mir - Erinnerungen und magische Kräfte geraubt hatte. Doch wir hatten es nach meinem Koma geschafft, dies alles rückgängig zu machen. Tja, den "ewigen" Kampf mit meinem Vater hatte Bettina also über Simone und mich gewinnen wollen...
Und mein Vater war jetzt im Metraversum (Ein Zustand, in den ein Magier freiwillig überwechseln kann und dann ewig mit der Erde durch Erscheinungen in Verbindung bleiben kann). Naja, er hatte auf dieser Welt auch schon genug geleistet.
Simones Stimme riß mich aus den Gedanken. "Was ist los?" "Ach, ich mußte gerade an meinen Vater denken und hatte auch gleich ein kurzes Gespräch mit ihm. Ich war mir vorher schon fast sicher, daß er ins Metraversum übergegangen war. Jetzt weiß ich es." "Und was hat er gesagt? Er weiß über alles Bescheid, auch über deine Mutter. Das hat er mir berichtet und mir viel Glück gewünscht." "Naja, dann starten wir unser Projekt. So lange ich sie nicht sehe, müßte ich es schaffen. Ich habe im letzten Jahr auch genug Haß aufgebaut. Wenn ich sie dann sehe, kann ich aber für nichts mehr garantieren, dann mußt du alleine weitermachen." "Das muß schon gehen." "Okay, fangen wir an." "Jetzt?" "Freilich jetzt, denn noch wirkt bei ihr eine gewisse Überraschung..." "Wie immer hast du recht, Simone."
Es war die Zeit gekommen, der Tag der Abrechnung mit Bettina. Zu lange hatte mein Vater darauf gewartet, zu oft war sie ihm irgendwo, irgendwie mit vielen Tricks entkommen, um ihm später wieder Fallen zu stellen. Und dann hatte sie sogar seinem Sohn aus dem Verkehr ziehen wollen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, daß diesem ihre eigene Tochter helfen würde...
Wir kamen in Christkindl, dem nobelsten Teil Steyrs, an. Aus dem Wohnzimmer sah man einen Lichtschein, Bettina schien gerade fernzusehen. So konnte Sie wenigstens nicht beobachten, daß ihre Tochter nicht alleine heimgekommen war. Die Überraschung würde noch früh genug kommen.
Simone und ich bauten für alle Fälle eine magische Schutzverbindung auf und traten leise ins Haus ein. Wir wollten den Eindruck erwecken, als wäre Simone alleine nach Hause gekommen. "Hallo, Mutti!" "Grüß dich, Simone!" Meine Freundin betrat das Wohnzimmer. Ihre Mutter saß mit dem Rücken zu uns beim Fernseher. "Das gibt's doch nicht!" entfuhr es ihr, als sie im Regional-TV von meiner wundersamen Genesung hörte. "Ist der tatsächlich schon aus dem Koma aufgewacht. Das hätte ich mir nicht gedacht..." "So ist es aber, meine liebe Bettina." Mein Vater stand in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers. "Robert! Aber du bist doch..." "...im Metraversum", meinte er ruhig und bestimmt, "mich braucht du hier nicht mehr zu fürchten. Ich habe auf dieser Welt sowieso meine Schuldigkeit getan. Aber ich bin nicht alleine hier." "Das stimmt allerdings", antwortete ich zum Schrecken Bettinas. "Arthur wird mich schon gut vertreten." Mit diesen Worten verschwand mein Vater auch schon wieder genauso plötzlich, wie er erschienen war. Ich mußte ihm voll zustimmen. Bettina hatte den Menschen mehr Leid als Freude gebracht, und hre eigen Tochter zu verblenden, um mich auszuschalten und meine Kräfte selbst zu übernehmen, das ging jedenfalls deutlich zu weit.
"So, du willst also deinen Vater hier vertreten, Halbwüchsiger?" Mit meinen fast 18 Jahren ließ ich mich sicher nicht "Halbwüchsiger" nennen, und so konnte sie als Antwort auf diese Frage schon einen halbstarken magischen Schlag in Empfang nehmen - als Beweis für mein Halbwüchsigkeit sozusagen. Ich wollte noch nicht die volle Stärke einsetzen, um Kräfte zu sparen. "Also, deine Kräfte hast du auch wieder? - Simone!!!" Den Angriff auf die eigene Tochter konnte ich mit Hilfe der Schutzverbindung erfolgreich abwehren. "Handle das mit mir aus, Bettina!" forderte ich sie auf. "Okay, wie du meinst!" Das war endgültig der Startschuß für den folgenden Kampf. Sein Verlauf ist einem Nicht-Magier kaum zu schildern. Am ehesten könnte er mit einem mittelalterlichen Gefecht oder besser noch einem "Star Wars"-Laserschwert-Kampf verglichen werden, nur findet er vollständig auf einer geistig-magischen Ebene statt.
Bettina ließ anfangs ihre Schläge sehr regelmäßig aufeinander folgen, was mir gute Abwehrmöglichkeiten bot. Ich versuchte sie mit einem komplizierten Angriffsmuster zu überraschen und zu schwächen, was mir zu einem gewissen Teil auch gelang. Allerdings wurden ihre Angriffe dadurch unregelmäßiger in Abfolge und Stärke, wodurch meine Verteidigung um vieles anstrengender wurde. In der Folge wogte der Kampf hin und her, wir wurden beide geschwächt, konnten aber auch keine echten Erfolge über den jeweils anderen verbuchen. Sie entwickelte sogar ganz gute Verteidigungsstrategien gegen meine komplizierten, fraktalen Angriffsmuster, was mich sehr überraschte. Sie kämpfte zwar primitiver, dafür sprach die Erfahrung für sie. Es schein sehr bald so, daß keiner diesen Kampf gewinnen könnte - doch Simone brachte die große Wende. Sie hätte es nie über ihr Herz gebracht, wirklich GEGEN ihre eigene Mutter zu kämpfen, aber sie griff - völlig unerwartet - in den Kampf ein, und das zu meinen Gunsten! Nachdem sie es nicht fertigbrachte, aktiv anzugreifen, übernahm sie einen passiven Part: die Verteidigung. Über die schon bestehende magische Schutzverbindung, die wir eigentlich zu ihrem Schutz aufgebaut hatten, konnte Simone nämlich Angriffe auf mich auch mildern oder sogar abwehren. Sie verstärkte die Verbindung und übernahm meine Verteidigung nach kurzer Zeit sogar vollständig. Ich konnte jetzt jene Kräfte, die ich vorher noch dort gebraucht hatte, auch in den Angriff werfen. Ich kämpfte mit äußerster Kraft, mit allem, was mir zur Verfügung stand - und die Wirkung wurde jetzt auch merkbar: Bettina wurde schwächer und schwächer. Schließlich faßte sie einen nachhaltigen Entschluß: den Übertritt ins Metraversum. Als ich sie zurückhalten wollte, um sie ganz fertigzumachen, erschien wieder mein Vater: "Laß sie ruhig, ich erwarte sie schon." Mein Vater? War der nicht gerade im Auto zu meiner Hochzeit gewesen? Oder war ich nicht doch gerade in seiner Hütte gewesen?
Nach einem "Okay" zu meinem Vater sank ich vollkommen abgekämpft in die Arme der ebenfalls erschöpften Simone. Doch der Gedanke, daß ich gerade eben noch woanders gewesen war, ließ mich nicht mehr los. So etwas hatte ich zuletzt in "Star Trek: Voyager" gesehen...

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© Robert Kaiser, 2001